Oberliga

Stiers „Fruchtzwerge“ werden zu Fruchtriesen: Sasel schickt die Eisenbahn auf den Irrweg!

26. August 2023, 00:40 Uhr

"Jonny" Gerken (Mi.) zeigt's an: "Ich war's!" Mit seinem Führungstor ebnete er den Weg zum Sieg für seinen TSV Sasel. Foto: noveski.com

Die zweiten 45 Minuten waren gerade mal acht Zeigerumdrehungen alt, als Marco Stier aus seiner Überraschung über die destruktive Spielweise des Gegners keinen Hehl machte und klar zum Ausdruck brachte: „Wir gehen tiefer ins Mittelfeld-Pressing, weil der Torwart eh jeden Ball einfach nur lang schlägt“, gab er lautstark von der Seitenlinie die Marschroute an seine Jungs vor – und fügte an: „Die wollen ja gar keinen Fußball spielen!“ Und so überließ der amtierende Hamburger Meister vom Parkweg dem ambitionierten Aufsteiger vom ETSV Hamburg (alle Highlights im LIVE-Ticker) den Ball. Die Cholevas-Kicker wussten damit nur so gar nichts anzufangen. Sasel-Keeper Johannes Höcker verlebte einen (überraschend) ruhigen Abend, war stets hellwach und coachte viel, musste aber nicht einen einzigen Torschuss (!) der Eisenbahner entschärfen.

Deran Toksöz (li.) muss von ETSV-Kapitän Kusi Kwame getröstet werden. Für den Saseler Torschützen zum 2:1 ging es in der zweiten Halbzeit nicht weiter. Gute Besserung! Foto: noveski.com

„Wenn du keinen Stürmer hast, dann musst du dir einen machen“, lautet die Devise von „Aki“ Cholevas, der Yannick Siemsen vom Innenverteidiger zum Mittelstürmer umfunktionierte. „Er kann mit seiner körperlichen Masse viele Bälle sichern und Gold wert sein“, so der ETSV-Coach über seine neue Geheimwaffe. Bis zu seiner Auswechslung in der 69. Minute war Siemsen jedoch zu sehr auf sich allein gestellt. Zwar behauptete er sich mehrfach in der Luft, verlängerte die Bälle und legte diese auch für seine Mitspieler ab – aber die Gäste waren im Endeffekt immer mindestens einen Schritt schneller. Unmittelbar vor dem Pausenpfiff verfehlte „Siemso“ nach einer Flanke von Alexandar Mucunski per Hechtsprung nur um Haaresbreite den Ausgleich (45. +4). Doch das wäre des Guten auch zu viel gewesen.

"Fruchtzwerge" verteidigen riesig - Gerken und Toksöz sorgen für die Krönung

Die zwischenzeitliche Ausgleichschance: Ein völlig freistehender Vincent Boock legte noch einmal uneigennützig für Matthias Cholevas quer - geblockt. Foto: noveski.com

Denn: Nach 94 Minuten sprach nicht nur TSV-Trainer Marco Stier, sondern selbst Cholevas von einem „verdienten Sieg“ für die „Parkwegler“. Stiers „Fruchtzwerge“ verteidigten mit viel Leidenschaft, hoher Intensität und Laufbereitschaft nahezu alles weg. Nur einmal konnte die Defensive des Gastes den Einschlag nicht mehr verhindern, als „der gefühlt zwei Meter große“ Malte Pruchner im Kopfballduell gegen „den 1,20 Meter kleinen“ Sebastian Wien, so Stier, die Oberhand und Christian Stark das Auge für André Monteiro Branco behielt – 1:1 (7.). Eine furiose Anfangsphase vor 208 Zuschauern am Mittleren Landweg!

Denn die Stier-Schützlinge bogen schon nach nicht einmal 240 Sekunden auf die Siegerstraße ab, als Jean-Lucas Gerken einen herrlichen Spielzug über Jassin Zabihi und Benjamin Dreca zur Führung vollstreckte (4.)! Kurz darauf musste Elian Clasen gegen Deran Toksöz sein ganzes Können aufbieten (8.) und hatte danach Glück, dass Gerkens Kopfball nach einer Zabihi-Ecke am langen Eck vorbei huschte (9.) und Teamkollege Daniel Owusu für den bereits geschlagenen Schlussmann gegen Dreca retten konnte (22.). Kurz darauf war Clasen jedoch geschlagen, als der kurz zuvor für den angeschlagenen Fatih Umurhan in die Partie gekommene Maximilian Grünberg einen Freistoß zog – und Toksöz die Wien-Hereingabe über den Scheitel ins lange Eck gleiten ließ (28.)!

Siegfried macht den Sack zu

Die Entscheidung: In der Nachspielzeit überwindet Simon Siegfried ETSV-Keeper Elian Clasen zum 3:1. Foto: noveski.com

Die hochverdiente Führung für den viel agileren und von der Spielanlage deutlich besseren TSV Sasel. Zwar überließ man den Eisenbahnern im zweiten Durchgang den Ball, gefährlich wurde es aber kaum. Nur einmal musste der Meister kurz bangen, als Vincent Boock im Saseler Strafraum nach einer Stafette über Monteiro Branco und Fabio Parduhn auf einmal gänzlich freie Schussbahn hatte, aber nochmal für den ebenfalls eingewechselten Matthias Cholevas querlegte. Bezeichnend: Dessen Schuss wurde geblockt (73.). Und so machte der Champion in der Nachspielzeit den Deckel drauf: Andranik Ghubasaryan steckte für den nimmermüden Simon Siegfried durch – und der traf ins kurze Eck (90. +1)!

Cholevas mit drei disziplinarischen Maßnahmen - Stier mächtig stolz

Alle Saseler feiern ihren Torschützen, der inmitten der Jubeltraube verschwindet. Foto: noveski.com

Im Anschluss an die Begegnung hatte Cholevas im Teamkreis sehr großen und langen Gesprächsbedarf. Ob da auch die disziplinarischen „Ausbootungen“ von Hamajak Bojadgian, Eudel Monteiro und Lesley Karschau, die allesamt nicht im Kader standen, ein Thema waren? Das Fazit von Cholevas auf der anschließenden Pressekonferenz in Richtung des Gegners: „Die sind nicht umsonst Meister geworden und ins Pokalfinale gekommen. Am Ende war das ein verdienter Sieg für Sasel.“ Deutliche Worte verlor er hingegen über die Qualität im Kader (siehe Video).

Währenddessen konnte sich Stier über einen starken Auftritt seiner Mannen freuen. Der Schock über die schwere Verletzung von Kapitän Samuel Hosseini (Meniskusriss) und die frühen Ausfälle von Fatih Umurhan und Deran Toksöz wurden in positive Energie umgewandelt. Das brachte auch den Übungsleiter ins Schwärmen…

Ab Sekunde 48 beginnt die PK mit beiden Trainern im Video:

Autor: Dennis Kormanjos

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