Wandsetal-Liga vor Auflösung? – „Wir sind am Tiefpunkt!“

Traditionsverein sagt alle Testspiele ab – „Deadline ist schon verstrichen“

28. Juni 2017, 16:01 Uhr

Bei der Liga-Mannschaft des TSV Wandsetal drohen die Lichter auszugehen. Archivbild: timelash.de

Vor gut vier Jahren war der TSV Wandsetal noch in der sechsthöchsten deutschen Spielklasse vertreten und kämpfte in der Landesliga um den Klassenverbleib – letzten Endes vergeblich. Seitdem geht es im Sportpark Hinschenfelde stetig bergab. Nun ist der Traditionsverein vorläufig auf dem negativen Höhepunkt angekommen. „Natürlich ist das ein neuer Tiefpunkt. Aber im Grunde genommen ist es zuletzt ja von Jahr zu Jahr schlimmer geworden“, gesteht uns Liga-Obmann Rüdiger Görtz, als wir ihn auf die kursierenden Gerüchte um die Liga-Mannschaft ansprechen.

Denn: „Der aktuelle Stand ist der, dass sich eine Mannschaft auflösen wird!“ Und dabei soll es sich nicht um die derzeitige Zweitvertretung, die es in der gerade zu Ende gegangenen Saison bis ins Finale des Holsten-Pokals schaffte, handeln, sondern um die aktuelle Liga-Mannschaft, die in der Vorsaison noch Vize-Meister in der Kreisliga 4 wurde. „Es ist eine Momentaufnahme, aber ich habe keine große Hoffnung. Wir sind gerade am eruieren, ob wir etwas zusammenlegen – oder eventuell doch noch zwei Mannschaften an den Start bringen können. Aber wir haben erstmal alle Vorbereitungsspiele abgesagt!“ Der Grund für diesen drastischen Schritt: „Aus dem Liga-Kader sind noch vier, fünf Spieler über“, verrät uns Görtz und führt anschließend aus: „Ein Spieler verhandelt mit zwei Landesligisten, einer bekommt von einem anderen Kreisligisten viel Geld geboten, der nächste musste aus beruflichen Gründen aufhören – und dann gibt es noch zwei, drei Jungs, die höher spielen wollen. Das war ein schleichender Prozess von zwei Wochen, bis am Ende eben nur noch vier, fünf Spieler übrig blieben. Vereinstreue gibt es heutzutage sowieso nicht mehr. Jeder versucht sich schnell in Sicherheit zu bringen. “

Matthias Räck sollte neuer Cheftrainer werden

Dabei waren alle Vorkehrungen weitestgehend abgeschlossen. Nach unseren Informationen stand mit Matthias Räck (ehemals SCVM und Bergedorf 85) bereits ein neuer Cheftrainer fest. Doch daraus wird nun (wohl) nichts mehr. „Es ist richtig, dass wir gesprochen haben – aber ohne Mannschaft gibt es eben auch keinen Trainer. Wir waren uns soweit einig, aber er hat natürlich auch gesagt, dass er so ein Rumgeeiere nicht mitmacht. Er möchte leistungsbezogenen Fußball anbieten und keinen Freizeitliga-Charakter haben.“ Auch in Sachen neues Spielerpersonal war man bereits in mehr als nur aussichtsreichen Gesprächen, wie Görtz erklärt: „Wir hatten bereits vier Neue und fünf bis sechs weitere Spieler in der Pipeline – aber das haben wir jetzt gestoppt.“ Zudem gibt Görtz zu: „Wir haben vor einiger Zeit den Fehler gemacht, dass wir relativ vielen Spielern abgesagt haben, weil der Kader zum damaligen Zeitpunkt voll war.“

Aktuell finden diverse Gespräche statt – auch mit der eigenen Reserve –, um den Karren doch noch irgendwie aus dem Dreck zu ziehen. Die Hoffnungen scheinen aber aufs Minimalste gesunken zu sein. „Die Zweite hat kein Interesse daran, leistungsbezogenen Fußball zu spielen, sondern ist mit dem derzeitigen Ist-Zustand zufrieden – und möchte auch weiter in der Konstellation zusammenbleiben. Wir haben versucht, Überzeugungsarbeit zu leisten, aber es ist keine Kooperation gewollt. Wir hoffen bis zum letzten Augenblick, aber wenn die Spirale erst einmal nach unten geht, ist es schwer, sie aufzuhalten. Das ist gegenwertig der Fakt“, stellt Görtz ernüchternd fest. „Wir mussten vor einiger Zeit den Etat deutlich runterschrauben und dann muss man sich eben bis zur Decke strecken, um wettbewerbsfähig zu sein.“

"Krisen-Deadline" schon verstrichen

Diese Wettbewerbsfähigkeit ist dem TSV zuletzt abhanden gekommen – zumindest, wenn man an die Sphären denkt, in denen sich der Verein einmal bewegt hat. „Wir müssen nach Alternativen Ausschau halten und zumindest eine Mannschaft an den Start bringen“, erklärt Görtz und gesteht dann ganz offen: „Die Hoffnung ist noch da, aber der Glaube fehlt!“ Schließlich fügt er an: „Wir haben Reperaturversuche gestartet, die bislang leider nicht gefruchtet haben.“ Die internen Fristen, bis wann man eine endgültige Entscheidung darüber treffen wird, ob der TSV Wandsetal in der neuen Spielzeit nun mit einer oder mit zwei Teams an den Start geht, sind schon längst überholt, wie Görtz verrät. „Diese Deadline ist eigentlich schon verstrichen.“

"Wir sind immer wieder vorstellig, aber nie gehört worden"

Heißt: Nach derzeitigem Stand wird die Zweitvertretung zur neuen Liga-Mannschaft aufzusteigen – während die „Erste“ in der jetzigen Konstellation nicht mehr existieren wird. Ein bitterer Niedergang für den TSV, der mit dem Sportpark Hinschenfelde über eine Spielstätte verfügt, um die vermutlich einige Ober- und Landesligisten den Verein beneiden. Doch das Stadion ist nicht alles, wie Görtz meint. Denn die Trainingsmöglichkeiten auf dem Grandplatz Friedrichshöh schrecken viele Akteure ab. „Auf dem Platz ist seit 15 Jahren nichts gemacht worden. Es gab einige Spieler, die gerne gekommen wären, wenn wir einen vernünftigen Trainingsplatz hätten. Wir sind diesbezüglich immer wieder bei den zuständigen Behörden vorstellig, aber nie gehört worden“, echauffiert sich der langjährige Wandsetaler. „Die Entwicklung ist äußerst schade, denn wir hatten vom Bezirksamt die Kunstrasenplatz-Zusage fürs kommende Jahr und auch einige Sponsoren für die nähere Zukunft. Aber jetzt haben wir die ganzen Störfeuer und müssen mal schauen, wie wir da rauskommen.“

Autor: Dennis Kormanjos