Oberliga

Metidji macht's, aber Meisterschaft vertagt: „Uns ist egal, wie“

Altona besiegt Rugenbergen im „Geduld-Spiel“ mit knappem 1:0

05. Mai 2019, 19:46 Uhr

Am Gegner vorbeigekommen: Altonas Alexander Vojtenko (li.), der das 1:0 vorbereitete, setzt sich gegen Broder Hansen durch. Foto: Gettschat

Die Uhr zeigte regulär noch vier Minuten Restspielzeit im Match zwischen Altona 93 und dem SV Rugenbergen (Hier gibt’s den Live-Ticker der Partie zum Nachlesen) an, als Alexander Vojtenko auf der rechten Seite mit dem Ball durchbrach. Der Offensivmann lief mit Tempo Richtung die Außenbahn herunter und hob den Kopf, um zu sehen, ob sich eine Flanke lohnen würde. Sie lohnte sich. Also setzte Vojtenko an, brachte das Leder ins Zentrum und fand mit seiner Hereingabe Hischem Metdji. Und der machte das, was diesem Spiel bis dahin gefehlt hatte: ein Tor! Altonas Nummer 18 feuerte die Kugel ins Netz und jubelte – und mit ihm nicht nur seine Teamkollegen und einige Meter entfernt die Besetzung der Ersatzbank, sondern gefühlt irgendwie ganz Altona.

Der Treffer in der 86. Minute – er war eine Erlösung für den AFC und seinen Anhang unter den insgesamt 844 Zuschauern an der Griegstraße. Bis dahin hatte sich Altona enorm schwer getan und es drohte, weil Konkurrent FC Teutonia 05 sich zeitgleich beim Niendorfer TSV anschickte, einen „Dreier“ einzufahren, ein engerer Meisterschafts- und Aufstiegskampf, als es manchem an der Adolf-Jäger-Kampfbahn lieb gewesen wäre. Metidji nahm's locker, dass er letztlich derjenige war, der mit seinem Treffer dafür gesorgt hatte, dass Altonas Vorsprung auf „T05“ bei fünf Punkten bleibt und nicht zusammenschrumpfte – und dass er da gerade quasi das Tor zum ersten Hamburger Meistertitel für den AFC seit 69 Jahren noch ein Stück weiter aufgestoßen hatte. „Das war ein guter Ball von Alex, ich habe dann einfach richtig gestanden, nachgesetzt und ihn reingeschoben“, grinste der Torschütze und erklärte: „Wir haben in dieser Saison oft schönen und guten Fußball gespielt. Aber es gibt auch eklige, dreckige Spiele, die wir mit 1:0 gewinnen müssen. Wir haben nie an uns gezweifelt und nie aufgegeben, deswegen machen wir so ein Ding noch.“

Grubba: „Wir hatten nicht die zündende Idee, die Torgefahr gebracht hat“

Deutlich übersprungen: Jan Düllberg (re.) steigt höher als Altonas Eudel Monteiro. Foto: Gettschat

Ein Ding, dass Metidji und Co nun eben weiter arg vom Titel träumen lassen darf, auch wenn die Entscheidung in der Meisterfrage (vorerst) auf den kommenden Sonntag vertragt ist, wenn der AFC vormittags beim Abstiegskandidaten SC Condor gastiert. „Wir versuchen einfach, unser Bestes zu geben. Wir gucken nicht auf die Tabelle. Es sind weiterhin fünf Punkte Abstand. Wir wollen den nächsten Sieg holen. Wenn wir unsere Hausaufgaben machen, dann machen wir alles klar“, konstatierte Metidji, während sein Coach später auf der Pressekonferenz davor warnte, den Auftritt bei den „Raubvögeln“ in die Kategorie „Selbstläufer“ einzuordnen: „Wenn man Sportsmann ist und seinen Sport ernst nimmt, dann darf man sich die Respektlosigkeit, einen Gegner nicht ernst zu nehmen, nicht leisten. Wir fahren nicht zu unseren Gegnern und sagen: 'Die haben keine Chance' – das macht auch Bayern München nicht. Das gehört sich nicht“, sagte Berkan Algan. Dass aber auch der AFC-Übungsleiter natürlich am nächsten Sonntag auf den letzten noch fehlenden Sieg hofft, der dem Club die anschließende Meisterfeier garantieren würde, versteht sich von selbst.

Wie schwer so eine Aufgabe gegen einen vermeintlich „Kleinen“ in der Liga ausfallen kann, zeigte allerdings schon das heutige Match gegen die Mannschaft von Coach Ralf Palapies. „Ich hatte teilweise das Gefühl, die stehen mit sechs Mann auf der Linie und davor nochmal drei Leute. Das macht es einfach schwierig. Wir hatten nicht die zündende Idee, die Torgefahr gebracht hat. Am Ende hat es dank eines langen Balls und einer Flanke aber doch noch hingehauen“, gab AFC-Keeper Tobias Grubba nach der Begegnung zu Protokoll und erklärte: „Wir haben mit 1:0 gewonnen und weiterhin fünf Punkte Vorsprung. Nichts anderes war die Aufgabe. Jetzt müssen wir das nächste Spiel auch gewinnen.“ Dass der AFC nun vermutlich den Meistertitel nicht vor eigenem Publikum festmacht – für Grubba kein Problem: „Uns ist allen egal, wie. Die Mannschaft hat die Mentalität, dass sie jedes Spiel gewinnen will. Unabhängig davon, ob wir dadurch Meister werden oder schon sind“, erklärte der Keeper der Algan-Schützlinge und nutzte mit dem Begriff „Mentalität“ ein Wort, dass später auch seinem Coach selbst auf der Pressekonferenz über die Lippen kommen sollte.

Palapies: „Der Sieg ist verdient, die größeren Spielanteile waren in beiden Halbzeiten bei Altona“

Der Moment kurz vorm Tor: Alexander Vojtenko (re.) bringt den Ball herein. Foto: Gettschat

„Es war eine schwierige Aufgabe“, stellte Algan erst einmal fest, „man kennt das ja aus anderen Ligen: Da ist eine enorme mentale Belastung, wenn man Dinge vielleicht zu sehr will. Dann greifen die Mechanismen des Verkrampfens. Gepaart mit stark verteidigen Rugenbergenern war das nicht einfach für uns. Wir haben gezeigt, dass wir die Mentalität haben, das Ganze trotzdem in einen Sieg umzumünzen. Das ist ein Kompliment an die Mannschaft wert. Fußballerisch können wir es viel besser, das haben wir in anderen Spielen oft gezeigt. Heute was das nicht möglich, aber es war auch nicht gefordert. Wir haben die Aufgabe zum Glück gut gelöst.“ Einen Wermutstropfen aber gab es: Die Verletzung, die sich Benjamin Safo-Mensah in der Anfangsphase der zweiten Hälfte zuzog und die letztlich zu seiner Auswechselung führte. „Das macht mich traurig, das ist unheimlich belastend. Wir hoffen, dass es nichts Schlimmeres ist. Er war in sehr guter Verfassung“, so Algan.

Auf der anderen Seite ärgerte sich derweil Ralf Palapies. Über das späte Gegentor natürlich – und über dessen Folgen. „Wir haben es leider verpasst, in den letzten Minuten den fehlenden Punkt zum Klassenerhalt zu holen. Das ist hinten raus schade, weil es eine gute taktische Leistung war“, bilanzierte Rugenbergens Coach und erklärte seine Marschroute: „Wir wollten gut stehen, Tore vermeiden und durch schnelle Gegenstöße selbst eins machen – das war das Ziel, um diesen einen fehlenden Punkt zu holen. Jetzt müssen wir den eben in der nächsten Woche im Spiel gegen Süderelbe klar machen.“ Letztlich, so Palapies, „ist der Sieg für den AFC hinten raus verdient. Die größeren Spielanteile waren in beiden Halbzeiten bei Altona.“ Algan nickte ein paar Meter daneben und wollte „jetzt erstmal ein Kaltgetränk, ehe ich mich ab Montag mit der Aufgabe gegen Condor beschäftige...“

Jan Knötzsch