Oberliga

„Ich hatte nie Bock darauf, mit Spielern zu arbeiten, die nur wegen der Kohle spielen!“

30. Juni 2023, 10:28 Uhr

Cordis Neu-Coach Thomas Runge (re.) bei der Ansprache vor dem ersten Testspiel seiner Mannschaft (4:4 gegen Curslack). Foto: Kormanjos

Viele Namen geisterten durch die Gazetten – am Ende wartete Concordia Hamburg jedoch mit einer Überraschung auf: Thomas Runge ist der neue Mann auf der Kommandobrücke der Concorden und soll den neuen Weg am Bekkamp vorantreiben. Man wolle „den Fokus auf die Spieler legen, die mit Leidenschaft und Herz unser ‚C‘ auf der Brust tragen“, heißt es. Und eben jener Runge trug das „C“ schon auf seiner Brust, als all seine jetzigen Spieler noch gar nicht geboren oder gar Gedankengut ihrer Erzeuger waren. „Auf dem Bekkamp habe ich schon gestanden, als da noch nicht gegrillt wurde. Ich bin da groß geworden – und auch immer wieder zurückgekommen“, verrät er uns im Gespräch.

Bei seinem ersten Einsatz an der Seitenlinie hatte Cordi-Coach Thomas Runge (re.) gleich mal allerhand zu notieren. Foto: Kormanjos

Bereits im zarten Alter von 15 Jahren habe er beim damaligen Jenfelder SV angefangen, Mannschaften zu trainieren – und parallel für den Verein in der Leistungsklasse zu spielen. „Ich bin aufs Gymnasium gegangen und hatte nebenher viel Zeit, so dass ich zum Teil drei, vier Mannschaften hintereinander trainiert habe“, erinnert er sich. Mit 18 Jahren erwarb Runge seine Trainer-B-Lizenz. Damals noch unter Günter Grothkopp, der den Fußballsport im HFV über 29 Jahre geprägt hat. Mit Mitte 20 folgte die A-Lizenz, die Runge noch heute besitzt. Schnell wurde er zum Jugendleiter beim Jenfelder SV.

„Irgendwann mal – ich glaube, das war zur 100-Jahr-Feier – haben die mich wieder zurückgeholt. Da man keinen anderen hatte, bin ich Erster Vorsitzender geworden.“ Einer seiner guten Freunde und langjährigen Weggefährten: Ralf Schehr. „Über ihn habe ich Kontakt zur Super-Senioren bei Cordi gehabt“, wo Runge unter anderem an der Seite des langjährigen Präsidenten und Ehrenpräsidenten Peter Menssing kickte. Gemeinsam kam und reifte eines Tages die Idee, „einen großen Wandsbeker Verein zu gründen. Da gab es ganz viele Gespräche. Vier Vereine sind natürlich ein Hammer. Es hat im Endeffekt nicht geklappt. Aber das wäre natürlich eine Hausnummer gewesen“, blickt Runge auf die Vision, im Hamburger Osten einen großen Club ins Leben zu rufen, zurück.

"Geliebt hat man mich nie so richtig"

Obwohl der Plan nicht aufging, verfolgte man die Idee weiter. „Wir haben uns gesagt – nachdem Wandsbek-Jenfeld schon fusioniert hat –, dass jetzt auch etwas mit Cordi passieren muss.“ Er selbst als Vorsitzender führte viele Gespräche – und wurde letztendlich Schatzmeister in beiden Vereinen. „Aus dieser Position heraus habe ich die Fusion vorangetrieben“, spricht er auf den Wandsbeker TSV Concordia an. „Geliebt hat man mich nie so richtig, weil ich immer Themen angepackt habe, die nach vorne gerichtet und gedacht waren – und damit alte Dinge aufgebrochen habe. Aber ich muss jetzt sagen: Vom Platzwart, den ich noch als kleinen ‚Butschen‘ kenne, bis hin zu Hansi Köster, der mein Nachfolger als Schatzmeister geworden ist und das viel besser macht als ich, kenne ich gefühlt jeden. Ich will nicht sagen, dass es wie ein ‚nach Hause kommen‘ ist. Aber es ist für mich am Ende meiner Trainerlaufbahn etwas, wo ich mir gesagt habe: Da packe ich noch einmal voll mit an.“

"Das ist nie mein Ding gewesen!"

Präsident Matthias Seidel geht den neuen Weg mit einem echten Jenfelder und Cordi-Urgestein an der Seitenlinie. Foto: Bode

Denn Runge sagt auch ganz klar: „Als Fußballtrainer habe ich eigentlich immer den Hamburger Raum gemieden.“ Das sei gar nicht mit bösartigem Hintergedanken passiert. „Aber ich habe viele Spieler in der Aus- und Fortbildung mit Ralf Schehr zusammen gehabt. Das hat mir alles nicht so gefallen, weil es viele Klüngel gab.“ Jahrelang hat er für den Hamburger Fußball-Verband das Thema Talentförderung forciert, viele Dinge initiiert, sollte unter anderem den Futsal in Norddeutschland populärer machen und coachte einst auch eine Frauen-Mannschaft beim SC Victoria.

„Aber ich habe mich so ein bisschen in Stormarn herumgetrieben und immer das gemacht, worauf ich Bock hatte und was mich gereizt hat.“ Seine klare Haltung: „Mich hat es nie gereizt und ich hatte da auch nie Bock drauf, mit Fußball Geld zu machen – oder Spieler zu haben, die nur wegen der Kohle spielen. Vielleicht war das rückblickend betrachtet ein Fehler. Aber das ist nie mein Ding gewesen!“

"Haben von allen Seiten relativ schnell gemerkt: Das passt"

Und so kam es im Endeffekt zur Rückkehr in sein altes Zuhause. Über Ralf Schehr und Stefan Kohfahl kam der Kontakt zustande. „Wir sind ins Gespräch gekommen und haben von allen Seiten relativ schnell gemerkt: Das passt.“ Genauer gesagt: „Die Philosophie und das, was der Verein vorhat, das passte zu dem, was ich mir vorstelle“, habe er auch „überhaupt kein Problem“ damit, dass lange Zeit ganz andere Namen im Gespräch waren. Obwohl nur zwei Tage vor der Bekanntgabe, dass der 65-Jährige neuer Cordi-Coach wird, auf der Homepage des SV Eichede zu lesen war, dass Runge seine Arbeit bei der dortigen U19 fortsetzen würde und das Team auch schon zum Trainingsauftakt bat, betont Runge, dass klar gewesen sei, dass er in Eichede als Trainer raus sei. „Ich sollte dort andere Bereiche übernehmen.“ Trotzdem sei es mit seinem Abgang „zu einem kleinen Bruch gekommen“.

"Versuchen, mit den vielen jungen Spielern Stabilität reinzukriegen"

Er wolle nach dem Umbruch "Stabilität reinkriegen", mit "jungen Spielern arbeiten und diese besser machen", so Runge. Foto: privat

Doch das Kapitel beim SV Eichede gehört nun der Vergangenheit an. Vielmehr hat sich Thomas Runge noch einmal die große Chance geboten, bei „seinem“ Verein als Liga-Cheftrainer mitanzupacken. Eine Gelegenheit, die er beim Schopfe gepackt hat. „Ich glaube, wir haben hier wirklich ein gutes Umfeld mit Leuten, die alle etwas dazu beitragen können und auch wollen. Wir versuchen, mit diesem Umbruch und den vielen, jungen Spielern Stabilität reinzukriegen. Und ich glaube, da geht was.“ Allerdings könne er zum jetzigen Zeitpunkt „noch gar nicht sagen, wo das Ganze hinführen wird. Es fehlt noch an Erfahrung, Kaltschnäuzigkeit und Cleverness. Aber mit diesem jugendlichen Elan kann man viel kompensieren. Das ist der Ansatz, den wir haben: Mit den Spielern arbeiten und diese besser machen.“

Autor: Dennis Kormanjos