Regionalliga Nord

„Das, was ich hier heute erlebt habe, habe ich so noch nie in meinem Leben erlebt!“

28. April 2024, 21:06 Uhr

Für diesen Schubser gegen Enock Hartwig (re.) sah ein völlig frustrierter Ole Wohlers tief in der Nachspielzeit die Rote Karte. Foto: noveski.com

Als er aus dem Mannschaftskreis regelrecht herausstürmte, versuchte er sich erst einmal zu sammeln, tigerte in Richtung Kabine und am Kabinentrakt auf und ab. Immanuel Höhn war geladen. Und vor allem: Mächtig angefressen und noch immer voller Adrenalin. Daran änderte auch ein kurzes Herunterkommen nichts. „Es tut mir leid, dass ich von der Art und Weise gerade so impulsiv bin. Aber es fällt mir wirklich unglaublich schwer, die Ruhe zu bewahren, weil ich das, was ich hier heute erlebt habe, so noch nie in meinem Leben zuvor erlebt habe“, schimpfte der am Saisonende scheidende Interimstrainer des FC Teutonia 05 nach der hochdramatischen 2:3-Niederlage gegen den 1. FC Phönix Lübeck (alle Highlights im LIVE-Ticker).

Ohne jede Mühe staubte ein komplett alleingelassener Michael Igwe (re.) nach einem Pfostenschuss von Ridel Monteiro zur Teutonen-Führung ab. Foto: noveski.com

Noch bevor Höhn auf die am Ende 109 (!) gespielten Minuten einging und ein sportliches Fazit zog, nahm er sich den Gegner und den Unparteiischen zur Brust: „Das Allererste ist, dass wir einen wahnsinnig respektlosen Gegner hatten – und die Schiri-Leistung war auch unglaublich!“, platzte Höhn regelrecht der Kragen. Stein des Anstoßes: Der Grund für die immens lange Nachspielzeit. In der 78. Minute rasselten Teutonias Emanuel Mirchev und der Lübecker Yevhenii Obushnyi mit den Köpfen ganz böse zusammen. Die Hausherren schalteten nahezu ab und gingen von einer Unterbrechung aus – während Phönix weiterspielte. Michael Kobert steckte für Leander Fritzsche durch – 2:2!

„Es ist schwierig, solch einen Ausgleich zu bekommen, wo zwei Spieler in ein Kopfballduell gehen, benommen am Boden liegen bleiben und unklar ist, ob es weitergeht oder nicht. So ein Tor zu fressen, ist unglaublich!“, besagt auch die Regel, bei Kopfverletzungen das Spiel zu unterbrechen. Tat Referee Marco Scharf aber nicht – und erwies sich nicht nur in jener Szene als kein guter Spielleiter. „Das war wirklich unglaublich“, konnte es Höhn kaum glauben. „Ich hoffe, dass ich die dieses Jahr nicht mehr sehe, weil ich ansonsten irgendwann durchdrehe“, war der Ex-Profi nur schwer zu beruhigen. Auch der Anschlusstreffer zum 1:2 war in der Entstehung durchaus umstritten: Jayden Bennetts nahm Tempo auf, Gazi Siala hielt dagegen. Schulter an Schulter mit angelegten Armen – doch es gab Freistoß für Phönix in sehr aussichtsreicher Position.

"Wir hätten 3:0 oder 4:0 führen müssen"

Nick Gutmann (Mi.) verdoppelt die Führung. 2:0! Foto: noveski.com

Johann Berger nahm aus 18 Metern Maß und zirkelte die Kugel links oben an die Unterkante der Latte. Von dort sprang das Spielgerät Teutonen-Torsteher Yannick Zummack an die Hacken und hoppelte unter energischer Mithilfe des Ex-Concorden Enock Hartwig, der nachsetzte, über die Linie (52.)! Der Startschuss für die Aufholjagd der „Adlerträger“. Und das zu einem Zeitpunkt, wo nicht unbedingt damit zu rechnen war. Denn: „Wir haben in der ersten Halbzeit ein unfassbar gutes Spiel gemacht und hätten 3:0 oder 4:0 führen müssen. Es hat wirklich unheimlich viel Spaß gemacht“, befand Höhn.

Teutonia spielt stark auf - und führt hochverdient

Unmittelbar nach dem bösen Kopf-Zusammenstoß, der im Nachgang für eine Spielunterbrechung sorgte, erzielte Leander Fritzsche den 2:2-Ausgleich. Foto: noveski.com

Und in der Tat. Das war schon stark, was der FC Teutonia 05 in den ersten 45 Minuten gegen einen noch mit realistischen Drittliga-Chancen ausgestatteten 1. FC Phönix Lübeck auf das Parkett brachte. Obwohl Höhn im Vergleich zum 3:3 in Lohne auf sage und schreibe acht (!) Positionen rotierte, war die 2:0-Führung nicht nur verdient, sondern hätte sogar noch höher ausfallen können, wenn Michael Igwe nach tollem Zuspiel von Fabian Graudenz (14.) und Nick Gutmann nach einer perfekt getimten Flanke von Ridel Monteiro (22.) ihre hochkarätigen Möglichkeiten in etwas Zählbares umgemünzt hätten. Beide Male parierte Max Sprang im Phönix-Kasten jedoch glänzend!

Zweimal war Sprang jedoch komplett machtlos. Von Graudenz in Szene gesetzt, landete Monteiros Schuss aus halbrechter Position am Pfosten. Kein Lübecker weit und breit, Michael Igwe sagte artig „Danke“ und staubte ab (10.)! Auch am zweiten Teutonen-Treffer war der ehemalige Phönix-Akteur Graudenz mit seinem Pass in den Lauf des auf links startenden Gutmann maßgeblich beteiligt. Erneut agierte Lübeck hinten vogelwild, Gutmann war auf und davon – und tunnelte Sprang, da sein Abschluss noch ganz leicht abgefälscht wurde (31.)!

"Das tut zurzeit sehr weh"

Yevhenii Obushnyi (un.) blieb regungslos liegen und musste später ins Krankenhaus gebracht werden. Die allerbesten Gensungswünsche! Foto: noveski.com

Zu Beginn des zweiten Durchgangs sei man hingegen „schlecht reingekommen“, konstatierte der Teutonen-Trainer. „Wir waren nicht mehr so präsent, hatten nicht mehr so viele und lange Ballbesitzphasen und haben es am Ende des Tages schlecht verteidigt. Das ist ein ganz harter Moment, weil wir unfassbar viel investieren und unglaublich viel machen müssen, um ein Spiel zu gewinnen. Wir machen es bis zu einem gewissen Punkt sehr gut, aber dann fehlt es am Ende des Tages irgendwo an der Konsequenz, dass du diese Spiele nicht gewinnst – und das tut zurzeit sehr weh.“ Gleiches galt für die eine oder andere strittige Entscheidung.

"Das spricht Bände für die Leistung der Schiris!"

In der Nachspielzeit sorgte Michael Kobert (Mi.) für komplette Ekstase bei den Gästen aus Lübeck, die aus einem 0:2-Pausenrückstand einen 3:2-Sieg machten. Foto: noveski.com

Während der Spielunterbrechung nach dem höchst umstrittenen 2:2, als Obushnyi derart benommen war, dass ein Krankenwagen anrücken musste, ging es auch zwischen den Bänken hoch her. Lübecks Team-Koordinator Emmanuel Gyasi turnte durch die Coachingzone der Teutonen und legte sich verbal mit dem einen oder anderen Protagonisten an. Die Unparteiischen aber griffen gar nicht erst ein. Dabei hatte Gyasi nichts auf der Seite des Gegners zu suchen. Als es nach fast zehnminütiger Pause weiterging, sorgte ein Fehlpass von Mirchev, der nach Schlusspfiff auch deutlich gezeichnet vom Zusammenstoß war, noch lange vor der Bank saß und sich den Nacken kühlte, für die komplette Wende. Valdemar Sadrifar bediente Kobert und der nächste „Hamburger Jung“ sorgte für den kompletten Knockout der 05er (90. +6)!

Doch damit nicht genug. In der elften Minute der Nachspielzeit flog Ole Wohlers nach einer Tätlichkeit gegen Hartwig mit glatt Rot runter. „Er wird so hart provoziert, geklammert, gehalten, zu Boden gerissen – und der Spieler kriegt nicht mal Gelb. Das spricht dann irgendwann auch Bände für die Leistung der Schiedsrichter!“ Dann sah auch noch Igwe den roten Karton (90. +14.)! „Ich weiß bis jetzt nicht, was überhaupt der Grund für die Karte war“, rätselte Höhn – wie über so Vieles an diesem turbulenten Sonntag-Nachmittag an der Hoheluft…

Autor: Dennis Kormanjos

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